Solingen spart
Verbrochen von Herrn Olsen am 05|03|2010Gestern Abend war es also so weit. Oberbürgermeister Norbert Feith aktivierte symbolisch per Not-Aus-Knopf das Internet-Portal http://www.solingen-spart.de.
Etwa 200 Bürger waren in den großen Saal des Theaters gekommen um sich informieren zu lassen, ihre Frage zu stellen, ihre Lebensgeschichte zu erzählen oder ein wenig gegen „Die da oben“ zu wettern.
Und nun darf man also darüber abstimmen, welche Maßnahmen zur Verringerung des Defizits durchgeführt werden sollen und welche nicht, bzw. eigene Vorschläge einbringen.
Ein Vorschlag ist zum Beispiel die Veräußerung des Stadiongeländes am Hermann-Löns-Weg. Auf dem Rathausplatz gab es dazu schonmal vorab eine kleine Demonstration.
Letztendlich wird natürlich die Politik darüber entscheiden, welche Maßnahmen tatsächlich ergriffen werden. Inwiefern sie sich an der Abstimmung und den Vorschlägen der Bürger orientiert bleibt abzuwarten.
Ich kann trotzdem nur jedem Solinger Bürger raten, an der Diskussion und der Abstimmung teilzunehmen.
2 interessante Erkenntnisse nehme ich aus der gestrigen Veranstaltung mit:
- Die Software mit der das Portal betrieben wird kostet 18.000 Euro, die Projektdurchführung (also Installation und Betreuung) 50.000 Euro. Für das, was das System leistet halte ich die Kosten für angemessen.
- Die Formulierungen hinsichtlich des Betrages und des Zeitraumes sind in allen Medien missverständlich. Der Kämmerer Herr Weeke verhalf im persönlichen Gespräch zu mehr Durchblick: Solingen muss sein Defizit bis zum Jahre 2013 um 45 Millionen Euro jährlich verringern. Das bedeutet: Bis zum Jahr 2013 müssen Maßnahmen ergriffen werden, die ab 2013 jährlich zu einer Entlastung des Haushalts von 45 Millionen Euro führen. Solingen darf also ab 2013 45 Millionen Euro im Jahr weniger ausgeben, 45 Millionen Euro mehr einnehmen oder irgendwas dazwischen.
Mein Blognachbar Herr Tettinger war übrigens gestern auch da. Seine Sicht der Dinge gibt es hier zu lesen.
Das Portal scheint besser programmiert zu sein als die meisten anderen „Abstimmungsseiten“ im Netz. Die Kosten dafür gehen OK.
Man kann auch noch beim nächsten Login sehen, wie man zu den einzelnen Punkten abgestimmt hat und dann damit „spielen“, um zu sehen, wie sich das auf den persönlichen „Highscore“ auswirkt – dort wird angezeigt, wieviel die Stadt mit den von mir „genehmigten“ Sparmaßnahmen einsparen würde.
Und dann merkt man ganz schnell, daß ohne die beiden großen Knackpunkte Gewerbe- und Grundsteuer-Erhöhung eigentlich alles andere für die Füße ist.
Damit hat das Portal zumindest bei mir wohl schon seinen Zweck erfüllt: ich seh‘ das glatt ein.
Am Portal verbesserungswürdig ist die Kennzeichnung der echten Vorschläge der Verwaltung im Vergleich zu den User-Vorschlägen. Beim ersten Mal war ich doch verdutzt, als ich etwas von „Reduzierung des ÖPNV um 50%“ las. Das war aber bloß einer der radikaleren User-Vorschläge und somit nicht unbedingt ernst zu nehmen.
Ahhhh – das mit der Not-Aus-Taste ist ein Kracher!
(Aber sehr beliebt bei solchen und ähnlichen Anlässen. Die Großkopfeten scheinen alle noch nie eine Anlage im Betrieb betreut zu haben)
Knackpunkt Gewerbesteuer:
Schön wäre, wenn einmal dem Normalbürger verständlich erklärt würde, was die Gewerbesteuer ist und welche Auswirkung eine Veränderung hat. Zu behaupten, dass eine Erhöhung automatisch zu einer Abwanderung des Gewerbes führt, halte ich für zu kurz gegriffen. Dann müsste eine Verringerung automatisch zu einer Zuwanderung führen. Tut es dies? Stört die Gewerbesteuer den berühmten Mittelständler überhaupt? Zahlt er eventuell bei einer Erhöhung der Gewerbesteuer in Konsequenz weniger Einkommensteuer? Stört es einen Großbetrieb tatsächlich im operativen Geschäft? Oder ist die Gewerbesteuer nur ein Druckmittel gegenüber der Politik zur Optimierung der eigenen Bilanz?
Fragen über Fragen? Wer kann Auskunft geben. Wer weiß es?
[…] Solingen spart | dieolsenban.de […]
danke für die zusammenfassung. ich konnte aufgrund von kindhüten leider nicht zu der veranstaltung gehen.
die abstimmungsseite finde ich sehr gut gelungen. aber auch ziemlich viel zu lesen. kann man seine abstimmung unterbrechen und später weitermachen???
ChrisBee: Man kann.
ja super. da hat ja mal wer mitgedacht.