Zum Nachteil der Toten
Verbrochen von Herrn Olsen am 03|11|2008Irgendein Vollhonk, der in jungen Jahren offensichtlich die „Was-passiert-dann-Maschine“ in der Sesamstraße verpasst hat (jahaaa… Fernsehen ist nicht immer schlecht), oder grundsätzlich an einer fatalen Kausalitätsschwäche leidet, schmiss am 23.03.2008 einen Holzklotz von einer Autobahnbrücke und sorgte damit nicht nur für das tragische Ableben einer jungen Mutter sondern auch für eine erneute Paranoia unter hunderttausenden von Auto(bahn)fahrerinnen und -fahrern.
Das alles ist beileibe schon schrecklich genug.
Die heutige Pressemitteilung zum morgen beginnenden Prozess setzte dem ganzen dann aber formulierungstechnisch noch eins drauf: „der Prozess gegen den Angeklagten Nikolai H. wegen des Verdachts des Mordes zum Nachteil der Olga K.“
Ich bin mir sicher, dass das eine in der Juristerei gängige Formulierung ist. Trotzdem brüllt etwas in mir sofort: „Ihrer Kinder, Ihres Mannes, der gesamten Familie und aller anderen Autofahrer!„
Ja, von einem Holzklotz erschlagen zu werden, ist ein Nachteil. Das kann ich – trotz mangelnder Erfahrung – bestätigen, Herr Olsen… Juristen sind seltsame kleine, grüne Männchen aus dem Weltall.
P.S.: Hannover ist das Böse! SG ist das Heiligtum meiner Wochenenden. -liebe Grüße auch an dein Weib :-]
Hehe… kennst Du den geheimen Spitznamen Hannovers?
Mord zum Nachteil des Ermordeten…hmmm. Ist die Formulierung vielleicht sogar absichtlich so extrem „zurückhaltend“? Ich habe das noch nie vorher gehört, wenn das eine gängige Formulierung sein soll.
Die Formulierung stammt aus einer Pressemitteilung? Hm, dann hat das vielleicht eher ein Journalist verzapft, der zu wissen glaubt, wie sich die Juristen ausrücken?
Ich habe mich mal durch einige Rechtskunde-Hefte arbeiten müssen und war völlig entnervt, angesichts der Fallstricke, die sich hinter einer unbedachten Formulierung verbergen können. Jedes Wort musste man sich dreimal überlegen. Aber ein Mord zum „Nachteil des Opfers“ kann einfach keine gängige Formulierung sein. Nein. Das wäre krank.
naja, aber mal im ernst, wenn es sterbehilfe gewesen wäre, dann hätte man doch wirklich sagen können „zum vorteil des opfers“. klar ist der satz total, nein, absolut sowas von daneben, da kann man echt nur mit dem kopf schütteln!
Ich gebe da mal Frau W. Recht! Da hat jemand gedacht es wäre besonders schlau diese schreckliche Tat so darzustellen. Im gesamten StGB kommt „zum Nachteil…“ nur bei „Rechtsbeugung“ und „Parteiverrrat“ vor. § 211 ff StGB spricht eine deutliche Sprache und lässt so ein dämliche Formulierung nicht zu!
Vollhonk passt recht gut, finde ich. Sagt man neudeutsch nicht auch Vollpfosten?
Polizisten reden wohl zeitweilig auch so.
Es gibt dabei „sieben Leitz-Ordner“ mit dem Titel „Tötungsdelikt zum Nachteil eines unbekannten weiblichen Säuglings“ –
http://wissen.spiegel.de/wissen/dokument/dokument.html?id=24793122 –
oder auch mal ein „versuchtes Tötungsdelikt zum Nachteil eines Polizeibeamten“
http://www.presseportal.de/polizeipresse/pm/57621/1280466/polizeiinspektion_hildesheim/